

Mit der angekündigten Streichung der Förderung von Elternbeiträgen für Dreijährige in privaten Einrichtungen – der sogenannten Harmonisierung – droht in Vorarlberg ein Rückschritt in der Kinderbetreuung. Betroffen sind davon nicht nur die Familien, sondern auch die Pädagog:innen und die privaten, gemeinnützigen Träger, die seit Jahrzehnten einen unverzichtbaren Beitrag zur Bildungslandschaft leisten.
Finanzielle Mehrbelastung für Familien
„Für Eltern bedeutet die vom Land geplante Änderung eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung“, stellt die SPÖ-Landtagsabgeordnete Manuela Auer klar. So müssten Familien in privaten Einrichtungen aufgrund der Streichung der Förderung künftig etwa 250 Euro im Monaten zahlen. „Viele Familien, die auf eine Kindebetreuung angewiesen sind, können sich das schlicht nicht leisten“, kritisiert Auer. Die Folge wäre, dass der Druck auf die öffentlichen Einrichtungen steigen würde. Denn dort fallen für die Familien wesentlich geringere Kosten an. „Allerding verfügen viele Gemeinden nicht über die nötigen Kapazitäten, um den möglichen Wegfall der privaten Kinderbetreuungseinrichtungen zu kompensieren. Es fehlt schlichtweg an entsprechenden Räumlichkeiten, ausreichend Betreuungsplätzen und Personal“, betont die SPÖ-Landtagsabgeordnete. Die finanziell angespannte Situation der Vorarlberger Gemeinden würde in den meisten Fälle auch keinen schnellen Ausbau in diesem Bereich zulassen, so Auer: „Die Folge wären dann überfüllte Gruppen, was zulasten der Kinder, aber auch des vorhandenen Personals geht.“
Personal steht unter Druck
Generell steht es für die SPÖ außer Frage, dass der Besuch einer Kinderbetreuungseinrichtung für dreijährige Kinder pädagogisch sinnvoll ist. „Wenn es aber an der nötigen Infrastruktur fehlt und auch nicht ausreichend Betreuungspersonal vorhanden ist, um den Bedürfnissen der unterschiedlichen Altersstufen in den jeweiligen Gruppen gerecht zu werden, macht das Ganze schlussendlich wenig Sinn“, so Manuela Auer. Zumal es derzeit ja funktionierende Strukturen in Form der privaten, gemeinnützigen Träger gibt, so die SPÖ-Bildungssprecherin.
Auch dürfe man nicht außer Acht lassen, dass die Situation der Pädagog:innen grundsätzlich schon sehr angespannt sei, betont die SPÖ-Bildungssprecherin. Eine Befragung der Arbeiterkammer Vorarlberger hat gezeigt, dass ein erheblicher Anteil der Pädagoginnen bereits darüber nachdenkt, den Beruf ganz aufzugeben. „Diese Entwicklung muss ernst genommen werden“, stellt die SPÖ-Landtagsabgeordnete klar. Größere Gruppengrößen, wie sie bei einem Wegfall von privaten Kindereinrichtungen drohen würden, seien dabei nicht förderlich, stellt Auer klar: „Weder hinsichtlich Qualität, noch was die Arbeitsbelastung des Personals betrifft.“
Aus der Sicht einer Betroffenen
Auch aus Sicht der Eltern ist klar: Es braucht weiterhin ein vielfältiges Betreuungsangebot und vor allem Wahlfreiheit. Angela Schmid kann das aus eigener Erfahrung befürworten. Die zweifache Mutter aus Feldkirch-Altenstadt sagt dazu: „Nicht jedes Kind ist mit drei Jahren bereit für den Kindergarten. Manche brauchen mehr Zeit, mehr Sicherheit und mehr individuelle Begleitung. Ich habe zwei Kinder – und sie hätten mit drei Jahren nicht unterschiedlicher sein können. Unser Sohn war damals sehr schüchtern, sensibel, trug noch Windeln und hatte Mühe mit Übergängen. Für ihn war es ein Glück, noch ein weiteres Jahr in der vertrauten Kleinkindbetreuung bleiben zu dürfen. Unsere Tochter hingegen war offen, redegewandt und längst windelfrei – sie war mit drei Jahren bereit für den Kindergarten. Doch während der große Bruder direkt vor unserer Haustür in den Kindergarten gehen konnte, wurde sie nicht aufgenommen. Ein Jahr lang mussten wir sie deshalb in eine private Kleinkindbetreuung in einem anderen Stadtteil bringen. Zwei Kinder, zwei verschiedene Einrichtungen, zwei Stadtteile – und ich mittendrin, ständig gegen die Uhr kämpfend, während ich in der Probezeit eines neuen Jobs ohne Urlaubsanspruch war. Geholfen hat mir eine private Betreuung, die flexibel auf unsere Situation eingegangen ist. Belastend waren hingegen die zusätzlichen Schließtage im öffentlichen Kindergarten oder die Ferienbetreuung in einer weit entfernten Einrichtung mit fremden Erwachsenen und Kindern. Aus Mama-Sicht ist daher klar: Erstens, nicht jedes Kind ist mit drei Jahren kindergartenreif. Zweitens, Dreijährige brauchen Beständigkeit – die öffentliche Ferienbetreuung bietet das nicht. Drittens, Eltern müssen wählen dürfen, was zu ihrem Kind, ihrer Familie und ihren Lebensumständen passt. Kinder sind verschieden, Familien sind verschieden – deshalb brauchen wir auch verschiedene Betreuungsformen: wählbar, leistbar und kindgerecht. Wer sagt, dass kein Kind zurückgelassen wird, muss auch dafür sorgen, dass kein Kind in ein System gepresst wird, das nicht zu ihm passt. Vielfalt in der Betreuung unserer Kleinsten ist kein Luxus, sie ist eine Notwendigkeit.“
Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen
„Gerade private, gemeinnützige Träger bringen wichtige Vielfalt in die Vorarlberger Bildungslandschaft. Mit Natur- und Waldkindergruppen setzen sie pädagogische Schwerpunkte, die das öffentliche System so nicht leisten kann“, macht die SPÖ-Landesfrauenvorsitzende Beatrix Madlener-Tonetti deutlich. Auch haben diese Einrichtungen flexible Angebote geschaffen, die insbesondere Alleinerziehenden, Berufsrückkehrerinnen oder Familien mit Kleinkindern zugutekommen, so Madlener-Tonetti: „Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für viele Frauen in Vorarlberg immer noch eine wesentliche Hürde, wenn es darum geht sich beruflich zu verwirklichen. Flexible Betreuungsangebote, wie sie die privaten Träger anbieten, spielen hier eine zentrale Rolle.“ In vielen Gemeinden waren es die privaten Einrichtungen, die als erste Betreuung für unter Dreijährige möglich gemacht hätten, so die SPÖ-Landesfrauenvorsitzende. „Gerade in diesem Bereich ist der Bedarf groß und wächst kontinuierlich. Ohne diese Träger droht eine gravierende Versorgungslücke. Insbesondere für Kinder unter zwei Jahren, für die das öffentliche System noch gar keinen Versorgungsauftrag hat“, betont Beatrix Madlener-Tonetti.
Chancengleichheit und Wahlfreiheit sichern
Für die SPÖ steht deshalb fest: Eltern müssen weiterhin frei darüber entscheiden können, ob sie ihr Kind in einer öffentlichen oder in einer privaten Kinderbetreuungseinrichtung betreuen lassen wollen. „Leistbare Tarife für Familien, eine gesicherte Finanzierung für die Träger und faire Rahmenbedingungen für das Personal seien dafür wesentlich, betont Bildungssprecherin Manuela Auer: „Nur so können auf lange Sicht Qualität und Chancengleichheit in der Vorarlberger Kinderbetreuung gesichert werden.“
Und SPÖ-Landesfrauengeschäftsführerin Beatrix Madlener-Tonetti fügt hinzu: „Vorarlbergs Kinderbetreuung steht am Scheideweg. Es geht darum, ob man Qualität will oder ob die Betreuungslandschaft im Land geschwächt werden soll.“
Private Kinderbetreuungseinrichtungen dürften nicht zum Auslaufmodell werden, so die Landesfrauenvorsitzende: „Wir brauchen in Vorarlberg beides, öffentliche und private Betreuungseinrichtungen. Damit Qualität, Vielfalt und Chancengleichheit gesichert bleiben.“